Corte Costituzionale tedesca (BVG), sentenza del 20 settembre 2007
der Frau O…,
– Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte Dirk Siegfried und Andrea Würdinger,
Motzstraße 1, 10777 Berlin –
gegen a) das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Januar 2006 – BVerwG 2 C 43.04 -,
b) das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 13. Oktober 2004 – 4 S 1243/03 -,
c) das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 13. Januar 2003 – 17 K 3906/02 –
hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Vizepräsidenten Hassemer,
die Richter Di Fabio
und Landau
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 20. September 2007 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
A.
1
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, den Beamten, die eine eingetragene Lebenspartnerschaft geschlossen haben, den Familienzuschlag der Stufe 1, den verheiratete Beamte erhalten, nicht oder nur unter weitergehenden Voraussetzungen zu gewähren.
I.
2
1. Beamten wird gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) neben ihrem Grundgehalt ein Familienzuschlag gewährt. Seine Höhe richtet sich nach der Besoldungsgruppe und der Stufe, die den Familienverhältnissen entspricht, § 39 Abs. 1 Satz 2 BBesG. Zur Stufe 1 gehören gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG verheiratete Beamte, außerdem verwitwete (Nr. 2) und geschiedene Beamte beziehungsweise solche, deren Ehe aufgehoben oder für nichtig erklärt ist, soweit sie aus der Ehe zum Unterhalt verpflichtet sind (Nr. 3). Andere Beamte erhalten nach § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG den Familienzuschlag der Stufe 1, wenn sie eine andere Person nicht nur vorübergehend in ihre Wohnung aufgenommen haben und ihr Unterhalt gewähren, weil sie gesetzlich oder sittlich dazu verpflichtet sind oder aus beruflichen oder gesundheitlichen Gründen ihrer Hilfe bedürfen, und das Einkommen dieser Person eine bestimmte Höhe nicht überschreitet.
3
2. Im Entwurf des Lebenspartnerschaftsgesetzes (LPartG) vom 4. Juli 2000 (BTDrucks 14/3751) war in Art. 3 § 10 Nr. 1 eine Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes durch einen neuen § 1 Abs. 1a BBesG vorgesehen, wonach Bestimmungen dieses Gesetzes, die sich auf Ehegatten beziehungsweise das Bestehen einer Ehe beziehen, auf eingetragene Lebenspartner beziehungsweise das Bestehen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft sinngemäß anzuwenden sein sollten. Diese Vorschrift wurde im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zusammen mit anderen, der Zustimmung des Bundesrats bedürftigen Vorschriften aus dem Entwurf des Lebenspartnerschaftsgesetzes herausgelöst und in Art. 2 § 6 Nr. 1 des Entwurfs für ein Lebenspartnerschaftsgesetzergänzungsgesetz (LPartGErgG) aufgenommen (BRDrucks 739/00). Das Lebenspartnerschaftsgesetzergänzungsgesetz fand nicht die Zustimmung des Bundesrats (BTDrucks 14/4875).
4
Durch das Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts vom 15. Dezember 2004 (BGBl I S. 3396) wurden weitere Angleichungen zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft in verschiedenen Rechtsbereichen vorgenommen, jedoch nicht im Beamtenbesoldungsrecht.
II.
5
Die Beschwerdeführerin war bis zum 31. Juli 2004 Beamtin im Dienste des Landes Baden-Württemberg. Am 5. November 2001 hatte sie eine eingetragene Lebenspartnerschaft begründet. Ihre Klage auf Zahlung des Familienzuschlags der Stufe 1 wies das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 13. Januar 2003 ab. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg wies die Berufung mit Urteil vom 13. Oktober 2004 zurück. Die Revision der Beschwerdeführerin wies das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 26. Januar 2006 zurück. § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG gewähre der Beschwerdeführerin weder in direkter noch in analoger Anwendung einen Anspruch auf den Familienzuschlag der Stufe 1. Die eingetragene Lebenspartnerschaft sei keine Ehe, sondern ein eigenständiger Familienstand. Eine analoge Anwendung besoldungsrechtlicher Vorschriften widerspreche bereits dem Wesen des Besoldungsrechts. Es sei auch keine planwidrige Lücke im Regelungssystem des Bundesbesoldungsgesetzes entstanden. Der Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens zum Lebenspartnerschaftsgesetz zeige vielmehr, dass der Gesetzgeber die Frage nach der besoldungsrechtlichen Relevanz dieses neu geschaffenen Familienstandes erkannt, aber bewusst von der Schaffung einer Anspruchsberechtigung abgesehen habe. Deswegen ließen sich auch die Überlegungen nicht übertragen, mit denen das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 29. April 2004 (BAGE 110, 277) die analoge Anwendung der tarifvertraglichen Regelung über die Gewährung eines Verheiratetenzuschlags für verheiratete Angestellte auf solche Angestellte, die eine Lebenspartnerschaft eingegangen seien, bejaht habe. Der Ausschluss der in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebenden Beamten aus dem Kreis der nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG Anspruchsberechtigten verletze nicht Art. 3 Abs. 1 GG. Der Unterschied zwischen dem Familienstand „verheiratet“ und dem Familienstand „eingetragene Lebenspartnerschaft“ rechtfertige unterschiedliche Rechtsfolgen. Der besondere verfassungsrechtliche Schutz der Ehe nach Art. 6 Abs. 1 GG stelle bereits den Unterschied dar, der die Verschiedenbehandlung rechtfertige. Es sei nicht erforderlich, dass die Begünstigung des Verheirateten auch durch seine Situation im Übrigen, beispielsweise durch eine im Vergleich zu Ledigen höhere Unterhaltspflicht, gerechtfertigt sei. Auch das durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Alimentationsprinzip sei nicht verletzt. Die Alimentationspflicht des Dienstherrn als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums erstrecke sich auf den Ehegatten und die Kinder des Beamten, nicht auf den Partner anderer Lebensgemeinschaften. Die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 stehe der Anwendung von § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG nicht entgegen. Die Richtlinie lasse nach Nr. 22 der Begründungserwägungen einzelstaatliche Rechtsvorschriften über den Familienstand und davon abhängige Leistungen unberührt. Diese Begründungserwägung sei mitentscheidend für die Auslegung. Das gelte auch dann, wenn die Begründungserwägung nicht in den Text der Richtlinie aufgenommen worden sei. Auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sei die Verschiedenbehandlung von Eheleuten und eingetragenen Lebenspartnern bei der Gewährung von Vergütungsbestandteilen, die gezahlt würden, weil der Beschäftigte in einer Gemeinschaft mit einer weiteren Person lebe, keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung. Ein Anspruch auf den Familienzuschlag der Stufe 1 nach § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG komme zwar grundsätzlich in Betracht, da die Beschwerdeführerin seit März 2001 die Kosten der gemeinsamen Wohnung alleine trage. § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG versage diesen Anspruch jedoch, wenn für den Unterhalt der in die Wohnung aufgenommenen Person Mittel zur Verfügung stünden, die das Sechsfache des Betrags des Familienzuschlags der Stufe 1 überstiegen. Eine tatrichterliche Feststellung, ob und welche Eigenmittel der Lebenspartnerin der Beschwerdeführerin zur Verfügung stünden, sei nicht möglich, da die Beschwerdeführerin es ablehne, zu diesem Punkt Angaben zu machen.
6
Das Revisionsurteil wurde den Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführerin am 22. März 2006 zugestellt.
III.
7
Mit der hiergegen am 20. April 2006 erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.
8
1. Sie ist der Auffassung, es verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, der Beschwerdeführerin im Gegensatz zu verheirateten Beamten die Zahlung des Familienzuschlags der Stufe 1 zu verweigern. Dies sei eine – zumindest mittelbare – Ungleichbehandlung der Beschwerdeführerin wegen ihrer sexuellen Orientierung. An die Ungleichbehandlung aufgrund eines personenbezogenen, für die Beschwerdeführerin nicht veränderbaren Merkmals seien erhöhte Rechtfertigungsanforderungen zu stellen. Diese Ungleichbehandlung sei nicht gerechtfertigt, da es sich bei Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft gleichermaßen um auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaften handele, die durch einen staatlichen Begründungsakt geschlossen würden und mit gegenseitigen gesetzlichen Unterhaltspflichten der Partner einhergingen. Die Ungleichbehandlung könne nicht durch den Hinweis auf Art. 6 Abs. 1 GG ohne zusätzliche sachliche Rechtfertigung begründet werden. Es gebe keinen sachlichen Grund dafür, die Ehe bei der Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 1, der aufgrund der typischerweise mit der Ehe verbundenen Unterhaltslasten gewährt werde, gegenüber der eingetragenen Lebenspartnerschaft zu privilegieren, da die Unterhaltspflichten in beiden Fällen dieselben seien. Der Familienzuschlag der Stufe 1 werde unabhängig davon gewährt, ob aus der Ehe auch Kinder hervorgegangen seien. Dadurch würden kinderlose Ehen grundlos privilegiert. Außerdem sei auch Lebenspartnern inzwischen die Stiefkindadoption möglich, so dass in einer Lebenspartnerschaft wie in einer Ehe auch Kinder aufwachsen könnten.
9
2. Das Recht auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG sei verletzt, da das Bundesverwaltungsgericht seine Pflicht zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung gemäß Art. 234 Abs. 3 EGV nicht erfüllt habe. Die Richtlinie 2000/78/EG des Rates zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf vom 27. November 2000 (ABl. L 303/16 vom 2. Dezember 2000) verbiete Diskriminierungen innerhalb von Beschäftigungsverhältnissen aufgrund der sexuellen Ausrichtung. Nachdem die Frist zur Umsetzung dieser Richtlinie abgelaufen sei, ohne dass der deutsche Gesetzgeber hier zunächst tätig geworden sei, sei die Richtlinie seit dem 2. Dezember 2003 unmittelbar anwendbar. Die Beschränkung des Familienzuschlags nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG auf Verheiratete unter Ausschluss von eingetragenen Lebenspartnerschaften sei eine unmittelbare Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung im Bereich des Arbeitsentgelts gemäß Art. 3 Abs. 1 c in Verbindung mit Art. 1, Art. 2 Abs. 2 a der Richtlinie. Daher hätte der Familienzuschlag als Teil des Arbeitsentgelts auch den Beamten in eingetragener Lebenspartnerschaft gewährt werden müssen. Eine Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung könne nicht durch die Begründungserwägung Nr. 22 der Richtlinie gerechtfertigt werden, da diese im Richtlinientext keinen Niederschlag gefunden habe. Da es keine Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu der Frage gebe, ob auch solche Begründungserwägungen den Anwendungsbereich der Richtlinie einschränken könnten, hätten die letztinstanzlichen Gerichte, die mit dieser Begründung die Nichtanwendung der Richtlinie rechtfertigten, diese Frage dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorlegen müssen.
B.
10
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 ff.>; 96, 245 <248>). Sie hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
I.
11
Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Dem steht der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde nicht entgegen.
12
Der subsidiäre Charakter der Verfassungsbeschwerde fordert, dass der Beschwerdeführer über das Gebot der Rechtswegerschöpfung im engeren Sinne hinaus alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ergriffen hat, um eine Korrektur der geltend gemachten Grundrechtsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (vgl. BVerfGE 81, 22 <27>). Die Verfassungsbeschwerde ist nur zulässig, soweit sie erforderlich ist, um eine Grundrechtsverletzung auszuräumen. Dies ist grundsätzlich nicht der Fall, wenn eine anderweitige Möglichkeit besteht, die Grundrechtsverletzung zu beseitigen oder ohne Inanspruchnahme des Bundesverfassungsgerichts im praktischen Ergebnis dasselbe zu erreichen (vgl. BVerfGE 33, 247 <258>; 51, 130 <139 f.>; 59, 63 <83>). Die von der Beschwerdeführerin gerügte Grundrechtsverletzung durch die Verweigerung des Familienzuschlags nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG, der allen verheirateten Beamten unabhängig vom Einkommen ihres Ehegatten gewährt wird, hätte nicht dadurch verhindert werden können, dass man die Beschwerdeführerin auf einen möglicherweise gegebenen Anspruch auf den Familienzuschlag nach § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG verweist. Dieser Anspruch hat andere, im Wesentlichen höhere Voraussetzungen als der Familienzuschlag nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG. Er setzt voraus, dass der Beamte einer in seine Wohnung aufgenommenen Person Unterhalt gewährt und das Einkommen dieser Person bestimmte Grenzen nicht überschreitet; es ist daher auch erforderlich, das Einkommen im Antrag offen zu legen. Die Beschwerdeführerin macht mit ihrer Verfassungsbeschwerde aber geltend, dass die Verweigerung des Familienzuschlags nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG, der nicht von diesen zusätzlichen Voraussetzungen abhängt, eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung sei. Eine solche Grundrechtsverletzung wäre – wenn die Ansicht der Beschwerdeführerin zuträfe – nicht zu beseitigen, indem man die Beschwerdeführerin im Gegensatz zu verheirateten Beamten auf eine andere Anspruchsgrundlage verweist.
II.
13
Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführerin nicht in den in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechten. Die Entscheidungen verletzen weder Art. 3 Abs. 1 GG (1.) noch Art. 33 Abs. 5 GG (2.) oder Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (3.).
14
1. Die Erstreckung des Familienzuschlags nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG lediglich auf Verheiratete im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG ist keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung der Beschwerdeführerin.
15
a) Verfassungsrechtlicher Maßstab für die behauptete ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von Ehe und Lebenspartnerschaft ist der allgemeine Gleichheitssatz, nicht dagegen sind es die speziellen Gleichheitssätze des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG. Die Ungleichbehandlung von verheirateten Beamten und solchen Beamten, die eine Lebenspartnerschaft geschlossen haben, knüpft nicht an eines der dort genannten Merkmale an. Es handelt sich insbesondere nicht um eine Ungleichbehandlung wegen des Geschlechts. § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG bindet die Gewährung des Familienzuschlags an die Ehe als Lebensgemeinschaft von Mann und Frau. Damit erfüllt die Vorschrift den Schutzauftrag des Art. 6 Abs. 1 GG, wonach neben der Familie nur die Ehe unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung steht. Wenn die Verfassung eine bestimmte Form des Zusammenlebens unter besonderen Schutz stellt, diskriminiert sie damit nicht andere Lebens- und Gemeinschaftsformen, die nicht in jeder Hinsicht an besonderen Schutz- oder Fördermaßnahmen teilhaben. Das Merkmal „Geschlecht“ in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG bezieht sich zudem auf Ungleichbehandlungen von Frauen und Männern. Es ist keine Ungleichbehandlung wegen des Geschlechts, wenn ein Gesetz Rechte oder Pflichten nicht vom Geschlecht einer Person, sondern von der Geschlechtskombination einer Personenverbindung abhängig macht (vgl. BVerfGE 105, 313 <351 f.>).
16
Auch im Übrigen ist Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG nicht berührt. Unabhängig davon, dass die Regelung des § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG tatbestandlich jedenfalls nicht unmittelbar am Merkmal der sexuellen Orientierung anknüpft, gehört diese auch nicht zu den in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG genannten Unterscheidungsmerkmalen. Eine erweiternde Auslegung des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG scheidet aus, da sein Wortlaut abschließend ist und der Vorschlag, ihn im Wege der Verfassungsänderung um das Merkmal der sexuellen Orientierung zu erweitern, abgelehnt wurde (vgl. Bericht der Gemeinsamen Verfassungskommission, BTDrucks 12/6000, S. 54).
17
b) Die Vorschrift des § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG vereinbar. Prüfungsmaßstab ist insofern Art. 3 Abs. 1 GG, wobei die in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltene Grundsatzentscheidung für den Schutz der Ehe mit zu beachten ist (BVerfGE 67, 186 <195 f.>; vgl. auch für die Familie BVerfGE 82, 60 <86>).
18
aa) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln (BVerfGE 74, 9 <24>), und verpflichtet die Grundrechtsadressaten, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches entsprechend seiner Verschiedenheit und Eigenart ungleich zu behandeln (vgl. bereits BVerfGE 1, 14 <52>; stRspr). Er ist verletzt, wenn die gleiche oder ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache selbst liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, wenn also bezogen auf den jeweils in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung fehlt (vgl. BVerfGE 76, 256 <329>; 83, 89 <107 f.>; 103, 310 <318>; 107, 218 <244>). Dies gilt uneingeschränkt für den Fall, dass die Verfassung nicht selbst eine bestimmte Gruppe hervorhebt, ihre Ungleichbehandlung erlaubt oder ihre besondere Förderung gebietet. Wenn die Verfassung selbst eine Unterscheidung vornimmt, bleibt es zwar Sache des Gesetzgebers, wie er diese Unterscheidung handhabt, ihm darf aber nicht schon eine willkürliche Ungleichbehandlung gleicher Lebenssachverhalte entgegengehalten werden, wenn er dem verfassungsrechtlichen Unterscheidungsmuster folgt. Allenfalls hat der Gesetzgeber eine vom Grundgesetz selbst vorgenommene Unterscheidung mit anderen auf Gleichheit ausgerichteten Verfassungsgeboten im Sinne praktischer Konkordanz zum Ausgleich zu bringen, soweit ein Vorrang nicht festgestellt werden kann. Wenn das Grundgesetz aber etwa wie mit Art. 12a Abs. 1 GG eine spezielle Pflicht nur für Männer einführt, scheidet wegen der Spezialität dieser Vorschrift ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1, Abs. 2 oder Abs. 3 GG insofern aus, als dass Frauen von dieser Pflicht nicht erfasst werden (vgl. BVerfGE 48, 127 <161 f.>). In diesem Sinne ist auch Art. 6 Abs. 1 GG ein Differenzierungsgebot, spezieller als der allgemeine Gleichheitssatz. Allerdings darf die Art und Weise der Unterscheidung im Hinblick auf die tatsächlichen Lebensverhältnisse und die auferlegten Rechtspflichten im Vergleich beider Gruppen nicht unverhältnismäßig ausfallen.
19
bb) Hieran gemessen verstößt die Beschränkung des Familienzuschlags der Stufe 1 in § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG auf verheiratete Beamte nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG.
20
Die Begünstigung verheirateter Beamter gegenüber Beamten in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft durch § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG beschränkt sich darauf, dass Verheiratete den Familienzuschlag der Stufe 1 bereits aufgrund ihres Familienstandes und ohne Berücksichtigung des Einkommens ihres Ehegatten erhalten. Beamte in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft erhalten dagegen gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 BBesG den Familienzuschlag der Stufe 1, wenn sie einen erweiterten Haushalt führen, um ihre Unterhaltspflichten gegenüber dem Lebenspartner zu erfüllen. Nach der Auslegung des § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 BBesG durch das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 26. Januar 2006 – 2 C 43.04 -, das insoweit mit der Verfassungsbeschwerde nicht angegriffen wird, kommt es für die in dieser Vorschrift genannte Aufnahme in die Wohnung des Beamten nicht darauf an, in welcher zeitlichen Reihenfolge der Beamte und der Aufzunehmende in die Wohnung eingezogen sind, sondern nur darauf, dass der Beamte inzwischen die Kosten der Wohnung allein trägt. Die Grenze für Eigenmittel der aufgenommenen Person, ab der gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG kein Anspruch auf den Familienzuschlag mehr besteht, soll dabei sicherstellen, dass der Zuschlag nur gewährt wird, wenn er erforderlich ist. Während bei Verheirateten also die typischerweise unterstellten finanziellen Belastungen aus der Ehe zur pauschalen Gewährung des Familienzuschlags führen, bedarf es bei der eingetragenen Lebenspartnerschaft des Nachweises dieser Belastungen im Einzelfall.
21
Diese Ungleichbehandlung knüpft unmittelbar am Merkmal des Familienstandes an. § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG unterscheidet zwischen verheirateten Beamten und solchen Beamten, die entweder ledig sind oder in einer anderen Lebensgemeinschaft als der Ehe leben. Beamte, die eine Lebenspartnerschaft gemäß § 1 LPartG geschlossen haben, werden damit anders behandelt als verheiratete Beamte. Im Gegensatz zu ledigen Beamten ist den Beamten, die eine Ehe oder eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen sind, gemeinsam, dass sie eine grundsätzlich unauflösbare Lebensgemeinschaft unter staatlicher Mitwirkung geschlossen haben, die mit gegenseitigen Unterhaltspflichten der Partner einhergeht. Eheleute sind gemäß § 1360 Satz 1 BGB verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Lebenspartner trifft gemäß § 5 Satz 1 LPartG eine solche Unterhaltspflicht auch für die Lebenspartnerschaft. § 5 Satz 2 LPartG erklärt die Vorschriften über Inhalt und Umfang des ehelichen Unterhalts in § 1360 Satz 2, § 1360a, § 1360b BGB für entsprechend anwendbar. Unmittelbares Unterscheidungsmerkmal zwischen den beiden Gruppen ist die Gleichgeschlechtlichkeit oder Verschiedengeschlechtlichkeit der Partner dieser Lebensgemeinschaften. Voraussetzung für das Eingehen der Ehe oder der Lebenspartnerschaft (§ 1 Abs. 1 Satz 1 LPartG) ist die Geschlechtskombination der Partner, nicht eine bestimmte sexuelle Orientierung (vgl. BVerfGE 115, 1 <16>). Eine heterosexuelle Orientierung ist keine rechtliche Voraussetzung, um eine Ehe zu schließen, ebenso wenig wie eine homosexuelle Orientierung Voraussetzung für eine Lebenspartnerschaft wäre. Mittelbar werden dagegen durch Leistungen, die mit dem Bestand einer Ehe verknüpft sind und bei Bestand einer Lebenspartnerschaft nicht gewährt werden, Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung ungleich behandelt, da die Ehe typischerweise von Heterosexuellen, die Lebenspartnerschaft typischerweise von Homosexuellen eingegangen wird.
22
Bei einer solchen Ungleichbehandlung von Personengruppen unterliegt der Gesetzgeber zwar grundsätzlich einer strengeren Bindung. Die Begünstigung verheirateter Beamter findet ihre Rechtfertigung jedoch in Art. 6 Abs. 1 GG. Dieser Verfassungssatz stellt die Ehe als Vereinigung eines Mannes und einer Frau zu einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft (BVerfGE 10, 59 <66>; 105, 313 <345>; 112, 50 <65>) unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung; er enthält neben dem Grundrecht als Abwehrrecht im klassischen Sinne eine Institutsgarantie für die Ehe und verpflichtet als wertentscheidende Grundsatznorm den Staat, die Ehe zu schützen und zu fördern (BVerfGE 6, 55 <71 f.>; 24, 119 <135>; 31, 58 <67>; 51, 386 <396>; 55, 114 <126>; 62, 323 <329>; 76, 1 <41>; 82, 60 <81>; 87, 1 <35>; stRspr).
23
Dieser verfassungsrechtliche Förderauftrag berechtigt den Gesetzgeber, die Ehe als die förmlich eingegangene Lebensgemeinschaft von Frau und Mann gegenüber anderen Lebensformen herauszuheben und zu begünstigen (vgl. BVerfGE 105, 313 <348>). Die Verfassung selbst bildet mit Art. 6 Abs. 1 GG den sachlichen Differenzierungsgrund, der die hier vorliegende Ungleichbehandlung von verheirateten Beamten und den Beamten, die eine eingetragene Lebenspartnerschaft geschlossen haben, nach Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigt. Die Unterscheidung ist auch im Hinblick auf tatsächliche Lebensverhältnisse und ihre rechtliche Ausgestaltung nicht unverhältnismäßig. Denn auch nicht verheiratete Beamte erhalten nach § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG den Familienzuschlag der Stufe 1, wenn sie eine andere Person nicht nur vorübergehend in ihre Wohnung aufnehmen und für diese unterhaltsverpflichtet sind.
24
2. Die Regelung des § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG verstößt, soweit sie Beamte in eingetragener Lebenspartnerschaft vom Familienzuschlag der Stufe 1 ausschließt, auch nicht gegen Art. 33 Abs. 5 GG. Die Regelung verletzt insbesondere nicht das Alimentationsprinzip.
25
a) Das Alimentationsprinzip gehört zu den hergebrachten und vom Gesetzgeber zu beachtenden Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG (vgl. BVerfGE 8, 1 <16 f.>; 29, 1 <9>; 81, 363 <375>; 99, 300 <314>). Es gibt dem einzelnen Beamten ein grundrechtsähnliches Individualrecht gegenüber dem Staat (vgl. BVerfGE 8, 1 <17>) und verpflichtet den Dienstherrn, dem Beamten und seiner Familie amtsangemessenen Unterhalt zu leisten (vgl. BVerfGE 21, 329 <345>; 29, 1 <9>; 44, 249 <267>; 49, 260 <271>; 81, 363 <375>; 99, 300 <314 f.>). Im Rahmen seiner Verpflichtung zur amtsangemessenen Alimentation hat der Gesetzgeber dafür Sorge zu tragen, dass jeder Beamte auch seine Unterhaltspflichten gegenüber seiner Familie erfüllen kann (vgl. BVerfGE 99, 300 <315>). Zur Beamtenfamilie werden dabei Ehegatten und die Gemeinschaft eines Beamten mit seinen Kindern gezählt (vgl. BVerfGE 29, 1 <9>).
26
b) Zwar war die Ehe bis zum Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes am 1. August 2001 die einzige grundsätzlich unauflösbare, unter staatlicher Mitwirkung geschlossene und mit gegenseitigen Unterhaltspflichten verbundene Lebensgemeinschaft, so dass der hergebrachte Grundsatz der Alimentationspflicht sich bis dahin nur auf Ehegatten beziehen konnte. Doch auch nach Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaft als neuer Familienstand erfasst der Begriff der Familie im Sinne des Alimentationsprinzips nicht den Lebenspartner des Beamten. Art. 33 Abs. 5 GG ist im Zusammenhang mit Art. 6 Abs. 1 GG auszulegen (vgl. BVerfGE 44, 249 <267>; 81, 363, <376>). Die Alimentation ist nach Maßgabe von Art. 33 Abs. 5 und der aus Art. 6 Abs. 1 GG abzuleitenden Wertentscheidung zu gewähren (vgl. BVerfGE 49, 260 <273>; 71, 39 <62>). Die Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 1 GG, den Staat zum Schutz und zur Förderung der Ehe zu verpflichten, steht einer Erstreckung des Alimentationsprinzips als Grundsatz im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG auf den Lebenspartner des Beamten entgegen. Selbst wenn dies anders wäre, ergäbe sich daraus im Übrigen auch keine Verletzung der Alimentationspflicht. Wenn Beamte nicht nur vorübergehend eine andere Person in ihre Wohnung aufnehmen und für diese unterhaltsverpflichtet sind, erhalten sie ungeachtet des Familienstandes nach § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG den Familienzuschlag der Stufe 1.
27
3. Die angegriffenen Entscheidungen entziehen die Beschwerdeführerin nicht entgegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ihrem gesetzlichen Richter.
28
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Europäische Gerichtshof gesetzlicher Richter im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Unterlässt es ein deutsches Gericht, ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof zu stellen, obwohl es gemeinschaftsrechtlich dazu verpflichtet ist, werden die Rechtsschutzsuchenden des Ausgangsverfahrens ihrem gesetzlichen Richter entzogen (vgl. BVerfGE 73, 339 <366 ff.>; 75, 223 <233 ff.>; 82, 159 <192 ff.>). Allerdings stellt nicht jede Verletzung der sich aus Art. 234 Abs. 3 EGV ergebenden Vorlagepflicht einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Das Bundesverfassungsgericht beanstandet die Auslegung und Anwendung von Zuständigkeitsnormen nur, wenn sie bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheinen und offensichtlich unhaltbar sind (vgl. BVerfGE 82, 159 <194>). Die Vorlagepflicht nach Art. 234 EGV wird insbesondere in denjenigen Fällen offensichtlich unhaltbar gehandhabt, in denen ein letztinstanzliches Hauptsachegericht eine Vorlage trotz der – seiner Auffassung nach bestehenden – Entscheidungserheblichkeit der gemeinschaftsrechtlichen Frage überhaupt nicht in Erwägung zieht, obwohl es selbst Zweifel hinsichtlich der richtigen Beantwortung der Frage hegt (grundsätzliche Verkennung der Vorlagepflicht). Gleiches gilt in den Fällen, in denen das letztinstanzliche Hauptsachegericht in seiner Entscheidung bewusst von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu entscheidungserheblichen Fragen abweicht und gleichwohl nicht oder nicht neuerlich vorlegt (bewusstes Abweichen ohne Vorlagebereitschaft). Liegt zu einer entscheidungserheblichen Frage des Gemeinschaftsrechts einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs noch nicht vor oder hat eine vorliegende Rechtsprechung die entscheidungserhebliche Frage möglicherweise noch nicht erschöpfend beantwortet oder erscheint eine Fortentwicklung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht nur als entfernte Möglichkeit, wird Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nur dann verletzt, wenn das letztinstanzliche Hauptsachegericht den ihm in solchen Fällen notwendig zukommenden Beurteilungsrahmen in unvertretbarer Weise überschritten hat (Unvollständigkeit der Rechtsprechung). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn mögliche Gegenauffassungen zu der entscheidungserheblichen Frage des Gemeinschaftsrechts gegenüber der vom Gericht vertretenen Meinung eindeutig vorzuziehen sind (BVerfGE 82, 159 <195 f.>).
29
b) Gemessen an diesem Maßstab fehlt es vorliegend an einer Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.
30
aa) Eine grundsätzliche Verkennung der Vorlagepflicht liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Voraussetzungen der Vorlagepflicht nach Art. 234 Abs. 3 EGV in seiner Entscheidung zwar nicht ausdrücklich erörtert. Es hat jedoch geprüft, ob die Beschränkung der Familienzuschlagsgewährung auf verheiratete Beamte in § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG gegen primäres oder sekundäres Gemeinschaftsrecht verstößt, und kam dabei zu dem nach seiner Auslegung eindeutigem Ergebnis, dass das deutsche Recht insoweit mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang steht. Es ergaben sich für das Bundesverwaltungsgericht keine Auslegungszweifel, die aus seiner Sicht Anlass für eine Vorlage hätten sein können.
31
bb) Das Gericht ist auch nicht bewusst von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs abgewichen. Das Bundesverwaltungsgericht hat vielmehr dargelegt, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die Verschiedenbehandlung von Eheleuten und eingetragenen Lebenspartnern bei Vergütungsbestandteilen, die gezahlt werden, weil der Beschäftigte in einer Gemeinschaft mit einer weiteren Person lebt, keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung sei (EuGH, Urteil vom 31. Mai 2001 – Rs. C-122/99 P und C-125/99 P, NvwZ 2001, 1249 = Slg. 2001, I-4319). Gegenstand des zitierten Urteils war eine Vorschrift des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften, die – im entscheidungsrelevanten Zeitraum – verheirateten Beamten, nicht jedoch Beamten in eingetragener Lebenspartnerschaft eine Haushaltszulage gewährte. Der Europäische Gerichtshof entschied, dass die maßgebende Statutsbestimmung keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts des Betroffenen und daher auch keinen Verstoß gegen Art. 119 EGV a.F. (Art. 141 EGV n.F.) darstelle, da es für die Gewährung der Hauhaltszulage keine Rolle spiele, ob der Beamte ein Mann oder eine Frau sei (Slg. 2001, I-4319 <4356>). Die Vorschrift verletze auch nicht das Gleichbehandlungsgebot, da es in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft an einer allgemeinen Gleichstellung der Ehe mit den übrigen Formen gesetzlicher Lebenspartnerschaften fehle und sich ein Beamter in eingetragener Lebenspartnerschaft daher für die Zwecke der Anwendung des Statuts nicht in der gleichen Lage befinde wie ein verheirateter Beamter (Slg. 2001, I-4319 <4356 f.>).
32
cc) Die zitierte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs befasste sich nur mit der Vereinbarkeit des Beamtenstatuts mit dem primären Gemeinschaftsrecht. Zu der Frage, ob die Richtlinie 2000/78/EG es verbietet, Vergütungsbestandteile wie den Familienzuschlag nur Verheirateten unter Ausschluss von Beschäftigten in eingetragener Lebenspartnerschaft zu gewähren, liegt dagegen noch keine Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vor. Das Bundesverwaltungsgericht hat seinen Beurteilungsspielraum, der angesichts dieser Unvollständigkeit der Rechtsprechung eröffnet war, nicht in unvertretbarer Weise überschritten. Das Bundesverwaltungsgericht geht in seiner Entscheidung unausgesprochen davon aus, dass die Voraussetzungen einer unmittelbaren Anwendung der Richtlinie seit Ablauf der Umsetzungsfrist vorgelegen hätten. Es ist jedoch der Ansicht, die Richtlinie 2000/78/EG gebiete es nicht, Vergütungsbestandteile, die verheirateten Beschäftigten gewährt werden, auch den Beschäftigten zukommen zu lassen, die eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen sind. Das Bundesverwaltungsgericht begründet dies damit, dass der Familienzuschlag der Stufe 1 für Verheiratete eine Leistung sei, die allein wegen des Familienstandes gewährt werde. Die Richtlinie 2000/78/EG lasse aber nach Nr. 22 der Begründungserwägungen einzelstaatliche Rechtsvorschriften über den Familienstand und davon abhängige Leistungen unberührt. Diese Begründungserwägung sei wesentlicher Bestandteil der Richtlinie und damit nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs mitentscheidend für ihre Auslegung (EuGH, Urteil vom 23. Februar 1988 – Rs. 131/86, Slg. 1988, 905 <935>). Dies gelte auch dann, wenn die Begründungserwägung nicht in den Text der Richtlinie aufgenommen worden sei.
33
Das Bundesverwaltungsgericht überschreitet damit nicht den ihm zukommenden Beurteilungsspielraum in unvertretbarer Weise. Der Europäische Gerichtshof zieht in seiner Rechtsprechung immer wieder die Begründungserwägungen eines Sekundärrechtsakts heran, um Sinn und Zweck der Richtlinie oder Verordnung zu ermitteln und unter Berücksichtigung dieses Zwecks die einzelnen Vorschriften der Richtlinie oder Verordnung auszulegen (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Februar 1975 – Rs. 69/74, Slg. 1975, 171 <175>; Urteil vom 13. März 1980 – Rs. 124/79, Slg. 1980, 813 <823>; Urteil vom 10. Dezember 1985 – Rs. 290/84, Slg. 1985, 3909 <3930 f.>; Urteil vom 20. September 2001 – Rs. C-184/99, Slg. 2001, I-6193 <6245>; zur Einschränkung des Anwendungsbereichs der Richtlinie 2000/78/EG aufgrund der Begründungserwägungen siehe die Schlussanträge des Generalanwalts Mazák vom 15. Februar 2007 zur Rs. C-411/05, Palacios, Ziff. 51, 65). Es entspricht daher dieser Methode zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts, wenn das Bundesverwaltungsgericht den Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG unter Berücksichtigung der Begründungserwägung Nr. 22 bestimmt. Auch der Einwand, die Entstehungsgeschichte der Begründungserwägung Nr. 22 zeige, dass damit nur eine Regelung hinsichtlich des Verhältnisses von Ehe und eheähnlicher Lebensgemeinschaft getroffen werden sollte (vgl. Stüber, NJW 2006, S. 1774 <1776>), vermag dabei nicht zu überzeugen. Es wurde in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die im Vorschlag der Kommission (KOM (1999) 565 endg.) noch nicht enthaltene Begründungserwägung zunächst von der Gruppe „Sozialfragen“ des Rates als Begründungserwägung Nr. 11b mit folgendem Wortlaut in den Entwurf eingeführt worden sei: „Die vorliegende Richtlinie lässt die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über den Familienstand unberührt und verpflichtet die Mitgliedstaaten daher nicht dazu, Leistungen, die Ehepartnern gewährt werden, auch in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Personen zu gewähren“ (Dok. 6434/00 SOC 54 JAI 20). Nach dieser Ansicht beinhalte die letztlich als Begründungserwägung Nr. 22 verabschiedete kürzere Fassung keine Änderung des mit der Langfassung beabsichtigten Inhalts und zeige, dass nur eine Unterscheidung zwischen der Ehe und unverbindlichen Lebensgemeinschaften gemeint gewesen sei. Dieses Verständnis der Begründungserwägung berücksichtigt jedoch nicht, dass es nicht erforderlich gewesen wäre, Leistungen, die nur Ehepartnern und nicht den Partnern „eheähnlicher“ im Sinne rechtlich unverbindlicher Lebensgemeinschaften gewährt werden, vom Anwendungsbereich der Richtlinie auszunehmen. Eine Ungleichbehandlung von Ehepartnern und Partnern einer nichtehelichen, verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaft berührt schon keines der in Art. 1 der Richtlinie genannten Merkmale. Ehepartner und Partner einer nichtehelichen, gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft unterscheiden sich dagegen im Regelfall hinsichtlich ihrer in Art. 1 der Richtlinie genannten sexuellen Ausrichtung, allerdings auch bezüglich der Rechtsnatur ihrer Bindungen, so dass eine Ungleichbehandlung, die am Unterscheidungsmerkmal der rechtlichen Bindungen ansetzt, auch ohne entsprechende einschränkende Begründungserwägung keine verbotene Diskriminierung im Sinne der Richtlinie darstellte. Die deutsche Fassung der zunächst vorgeschlagenen Begründungserwägung Nr. 11b, die zwischen „Ehepartnern“ und „in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Personen( unterschied, wich zudem von der englischen und französischen Fassung ab, derzufolge Leistungen, die „married partners“ beziehungsweise „partenaires mariés“ gewährt werden, nicht auch den „non-married partners“ beziehungsweise „partenaires non mariés“ zu gewähren sind. In diesen Sprachen wurde das Unterscheidungsmerkmal verheiratet/nicht verheiratet deutlicher herausgestellt. Der Begriff Ehe bezeichnet aber auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine Lebensgemeinschaft zweier Personen verschiedenen Geschlechts (EuGH, Urteil vom 31. Mai 2001 – Rs. C-122/99 P und C-125/99 P, Slg. 2001, I-4319 <4353>). Obwohl die Kommission in ihrem Richtlinienvorschlag vom 25. November 1999 (KOM (1999) 565 endg.) noch keine entsprechende Begründungserwägung vorsah, enthielt der Vorschlag in der Erläuterung zu Art. 1 der Richtlinie bereits den Hinweis: „Hervorzuheben ist auch, dass der Vorschlag den Status von Eheleuten nicht berührt und daher auch deren Anspruch auf bestimmte Leistungen nicht beschneidet“ (a.a.O., S. 8).
34
In der Literatur wurde bereits zur Zeit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts mehrfach die Auffassung vertreten, die Richtlinie erlaube die Beschränkung des Familienzuschlags auf Verheiratete (Thüsing, NZA 2001, S. 1061 <1062>; Högenauer, Die europäischen Richtlinien gegen Diskriminierung im Arbeitsrecht, 2002, S. 108; Mohr, Schutz vor Diskriminierungen im Europäischen Arbeitsrecht, 2004, S. 199; Lingscheid, Antidiskriminierung im Arbeitsrecht, 2004, S. 268; Bergwitz, ZTR 2004, S. 512 <518>). Der Anwendungsbereich der Richtlinie (Art. 3 Abs. 1) sei unter Berücksichtigung der Begründungserwägung Nr. 22 so auszulegen, dass es Sache der Mitgliedstaaten bleibe, ob und inwieweit andere Lebensformen der Ehe rechtlich gleichgestellt werden (Högenauer a.a.O.). Nach einer anderen rechtlichen Konstruktion wäre die Beschränkung des Familienzuschlags auf Verheiratete zwar eine mittelbare Diskriminierung im Sinne der Richtlinie, die aber durch das sachliche Ziel der Unterstützung von Familien und solchen Partnerschaften, die Familien werden können, im Sinne von Art. 2 Abs. 2 b, i der Richtlinie gerechtfertigt sei, was durch die Begründungserwägung Nr. 22 belegt werde (Thüsing, a.a.O., Lingscheid, a.a.O.). Nach diesem Verständnis bedeutet eine Berücksichtigung der Begründungserwägung Nr. 22 bei der Auslegung der Richtlinie, wie sie das Bundesverwaltungsgericht vorgenommen hat, keine Beschränkung der Richtlinie entgegen ihrem Wortlaut. Das Bundesarbeitsgericht und der Bundesgerichtshof haben sich später der Auslegung der Richtlinie durch das Bundesverwaltungsgericht angeschlossen (BAG, Urteil vom 26. Oktober 2006 – 6 AZR 307/06 – JURIS; BGH, Urteil vom 14. Februar 2007 – IV ZR 267/04 – JURIS).
35
dd) Aus dem Vorstehenden folgt zugleich, dass Art. 101 Abs. 2 Satz 2 GG nicht deswegen verletzt ist, weil die Gegenauffassung der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts in dieser Sache eindeutig vorzuziehen wäre. Zwar wurde in der Literatur zur Zeit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auch die Gegenauffassung vertreten, die Richtlinie verbiete es, den Familienzuschlag nur Verheirateten unter Ausschluss von eingetragenen Lebenspartnerschaften zu gewähren (Powietzka, BB 2002, S. 146 <148>; Stüber, NJW 2003, S. 2721 <2723>; in dieselbe Richtung – ohne sich ausdrücklich zum Familienzuschlag nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG zu äußern – auch I. Schmidt, in: Kothe u.a. (Hrsg.), Festschrift für Hellmut Wissmann, 2005, S. 80 <84>). Es lässt sich allerdings nicht feststellen, dass diese Gegenauffassung der vom Bundesverwaltungsgericht gewählten Auslegung eindeutig vorzuziehen wäre. Die Begründungserwägung Nr. 22 wird hier zum einen so verstanden, dass sie im Zusammenhang mit der Bereichsausnahme des Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie (Leistungen jeder Art seitens der staatlichen Systeme) und nicht mit dem Arbeitsentgelt stehe (so Schmidt, a.a.O.). Dies ist eine mögliche Auslegung, die jedoch nicht mit einer Begründung verbunden ist, die sie als der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts eindeutig vorzugswürdig erscheinen ließe. Nach einer anderen Auffassung kommt der Begründungserwägung Nr. 22 keine rechtliche Bedeutung zu, da eine Ausnahmebestimmung im Richtlinientext selbst erforderlich gewesen sei, um den Familienzuschlag vom Verbot der Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung beim Arbeitsentgelt auszunehmen (Stüber, a.a.O.). Dieser Ansicht steht allerdings EuGH-Rechtsprechung entgegen, die bei der Auslegung einer Richtlinienvorschrift auch Einschränkungen berücksichtigt, die in den Begründungserwägungen, nicht aber im Wortlaut der Richtlinienvorschrift enthalten sind (vgl. EuGH, Urteil vom 20. September 2001 – Rs. C-184/99, Slg. 2001, I-6193 <6245>).